Heilig Kreuz und Auferstehung
Zwei Kirchen im Kirchenkreis Rotenburg sind eng mit der Ostergeschichte verbunden
Ostern ist das älteste und wichtigste Fest der Christenheit. Gefeiert wird die Auferstehung Jesu Christi nach seinem Tod am Kreuz. Zwei Kirchen im Kirchenkreis Rotenburg sind durch ihre Nahmen eng mit der Ostergeschichte verbunden: die Heilig-Kreuz-Kirche in Brockel und die Auferstehungskirche in Rotenburg.
Das ursprüngliche Gotteshaus in Brockel entstand im Mittelalter. Es war damals eine Wallfahrtskirche. Menschen pilgerten dorthin, weil sich dort eine Reliquie befunden haben soll: ein Stück von Jesu Kreuz. „Dieses Kreuz muss ganz schön groß gewesen sein, wenn man bedenkt, wie viele Kirchen heute noch Heilig-Kreuz-Kirche heißen“, sagt Ralf Altebockwinkel, Gemeindepastor in Brockel.
Für ihn zählt der Glaube an die heilende Wirkung von Reliquien nicht mehr. Wenn er an die Kreuzigung von Jesus denkt, hat er ein anderes Bild im Kopf: den Isenheimer Altar, den der Künstler Matthias Grünewald im 16. Jahrhundert gemalt hat. „Selten ist die Kreuzigungsszene so drastisch dargestellt worden wie dort. Jesus sieht so furchtbar leidend aus“, sagt Altebockwinkel.
Das Bild entstand in einer Zeit, in der die Pest herrschte. Die Haut des Gekreuzigten zeigt überall dunkle Flecken, die aussehen wie aufgebrochene Pestbeulen. „Die Menschen jener Zeit konnten sich in diesem Christus wiederentdecken, denn er war einer von ihnen, er erlebte ihr Leid“, erklärt der Brockeler Theologe und findet das in Zeiten der Corona-Epidemie einen guten Gedanken. „Das Entscheidende ist, dass Gott durch seinen Sohn Jesus gezeigt hat, dass er mit uns Menschen ist, dass er unser Leid kennt und uns ein vertrauensvoller Ansprechpartner sein kann“, glaubt Altebockwinkel.
Für den Theologen stellt sich die Frage, was Christen heute tun können, um in der Nachfolge Jesu zu leben: „Dadurch dass wir Anteil nehmen, beispielsweise dass heute in der Corona-Krise viele Menschen wirtschaftliche Folgen ohne Proteste in Kauf nehmen zum Schutz der älteren Bevölkerung – das ist für mich so ein Ausdruck.“
Bereits zwei Tage nach seinem Tod hat Gott Jesus noch einmal ins Leben auf der Erde zurück geschickt. Jesus ist auferstanden. Sein Grab war leer, mehr schildern die biblischen Berichte nicht. Verschiedene Menschen behaupten allerdings, sie hätten Jesus später noch gesehen.
In Rotenburg steht das Auferstehungs-Gemeindezentrum seit 1986. Reinhold Bühne war von Anfang an aktiv in der neuen Gemeinde engagiert. Er weiß nicht mehr, warum dieser Name gewählt wurde: „Man erzählt gern, dass es an „unserer“ Kreuzung am Berliner Ring bereits die Kreuz-Kirche der Evangelischen Freikirchlichen Gemeinde gab. Kreuz und Auferstehung gehören aus christlicher Sicht eng zusammen. Da habe der Name als Gegenüber zur Kreuz-Kirche nahe gelegen. „Ich finde das einleuchtend“, sagt der Rotenburger. Werner Hagedorn war vor seinem Ruhestand zehn Jahre lang Pastor in der Auferstehunsgemeinde. „Das ist ein ermutigender Namen für eine neugegründete Kirchengemeinde, und ich habe ihn später immer als motivierend empfunden.“
Zwar sei das zentrale Wiedererkennungs-Symbol für das Christentum das Kreuz geworden, das zum Ausdruck bringt: Das Leid im Leben von Menschen wird ganz ernst genommen. Der Osterruf: „Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“ ist dagegen in den Augen von Hagedorn ursprünglich ein Protestruf. Für die Anhänger von Jesus damals war Jesus der Gerechte, der durch die Autoritäten als Verbrecher behandelt, zum Tod verurteilt und hingerichtet wurde. „Jesus steht für die kommende gerechte Welt. Und da stellte sich bei denen, deren Herz damals für Jesus schlug, die Überzeugung ein: Die Mächtigen haben ihn hingerichtet, aber sie konnten ihn nicht auslöschen. Für uns lebt er, sagten seine Freundinnen und Freunde, und mit ihm Hoffnung für die ganze Welt und die Liebe als verwandelnde Kraft“, sagt Hagedorn.
Für den Theologen steckt in dem Gedanken Auferstehung zudem die größte Wertschätzung des Leibes – er wird nicht für immer in Staub und Nichts vergehen. „Ich freue mich auf Ostern“, sagt der Pastor in Ruhe und Reinhold Bühne pflichtet ihm bei: „Ich sehne mich nach Neuem in dieser von Corona geschwächten Zeit. Ich sehe die Natur aufbrechen in diesen schönen vorösterlichen Tagen und ich selbst kann wegen gesellschaftlicher Regeln nicht so richtig mit aufbrechen. Um so mehr freue ich mich an der Nähe des auferstandenen Jesus.“ Bühne wird sich am Ostersonntag den Gottesdienst aus der Auferstehungskirche über Youtube ansehen. Vorher, um 10.15 Uhr, spielt er mit seiner Tuba wie viele andere Bläser im ganzen Land das Lied „Christ ist erstanden“ vom Balkon.
Anette Meyer