Laut Verordnung der Landesregierung Niedersachsen dürfen Gottesdienste jetzt wieder möglich sein. Dafür müssen eine Menge Regeln und Maßnahmen eingehalten werden, um das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus so gering wie möglich zu halten. „Es freut uns natürlich, dass es nun wieder möglich ist, Gottesdienste zu feiern“, sagt Dr. Michael Blömer, Superintendent im evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Rotenburg. Er weist aber darauf hin, dass eine unmittelbare Rückkehr zu den Verhältnissen vor der Corona-Krise zurzeit nicht möglich ist.
Die Auflagen sind sehr streng. „Die größten Probleme gibt es beim Ausmessen und Festlegen, wer wo sitzen kann“, sagt Blömer. Zwischen Besucherinnen und Besuchern muss jeweils ein Abstand von 1,5 Metern seitlich, sowie nach vorn und hinten gewährleistet sein. Personen, die aus demselben Haushalt stammen, brauchen diesen Abstand nicht einzuhalten.
Jetzt muss jede Kirchengemeinde berechnen, wie viele Menschen in ihre Kirche hinein dürfen und wie sie die Sitzmöglichkeiten markiert. „Da können Sie nicht einfach Klebeband nehmen“, erklärt der Superintendent. Denn diese enthalten lösemittelhaltige Kleber, die relativ schnell antrocknen, in die Oberfläche einziehen, Verfärbungen hervorrufen und nach einiger Zeit nicht mehr rückstandsfrei zu entfernen sind. Darauf weist das Kunstreferat der Landeskirche Hannovers in Absprache mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege hin. „Von dort kam auch der Hinweis, dass alte Kirchenbänke nicht mit Desinfektionsmittel abgewischt werden dürfen“, erklärt Blömer. Die darin enthaltenen Alkohole können dazu führen, dass die Holzoberflächen Schaden nehmen.
Die Verantwortlichen in der Kirche haben auch lernen müssen, dass nach gegenwärtigem Erkenntnisstand das Singen zu einer hohen Abgabe von Aerosolen führt und damit das Infektionsrisiko erhöht. „Singen wird es im Gottesdienst deshalb bis auf Weiteres nicht geben können“, bedauert Blömer.
Ein Gottesdienst, bei dem die Menschen weit auseinander sitzen müssen, nicht singen dürfen und Mundschutz tragen, ist für alle Beteiligten eine neue Erfahrung. Kirchenvorstände und Pfarrämter im Kirchenkreis Rotenburg haben in den vergangenen Tagen beraten und entschieden, ob sie diese und viele weitere Auflagen jetzt schon in ihren Kirchen erfüllen können und wollen.
So hat beispielsweise die Kirchenregion Brockel-Kirchwalsede-Visselhövede entschieden, zunächst auf Gottesdienste in der Kirche zu verzichten und erneut Andachten unter freiem Himmel anzubieten. „Unsere Kirchen werden wir voraussichtlich nach Himmelfahrt wieder nutzen. Die Beratungen in den Kirchenvorständen laufen noch“, sagt Dr. Matthias Wilke, Pastor in Kirchwalsede. Bis dahin bleiben die Angebote der allwöchentlich aushängenden „Kirchentürandachten“ und der digitalen Andachten in der Kirchenregion bestehen.
Auch in Sottrum soll ein Gottesdienst unter freiem Himmel gefeiert werden. Pastor Dietmar Meyer lädt ein zu um 10 Uhr auf den Kirchplatz. „Bei Regen und Sturm geht es in die Kirche. Draußen können 90 Personen und Gott teilnehmen, in der Kirche reicht der Platz für 45 Personen und Heiligem Geist“, sagt Meyer.
In die Kirche laden die Rotenburger ein. Dort wird es in der Stadtkirche am Sonntag gleich zwei Gottesdienste geben, um 10 Uhr und um 11.15 Uhr. „Zweimal kurz statt einmal lang – damit mehr Leute kommen können und ein bisschen vielleicht auch, damit das Sitzfleisch geschont wird, denn die Polster haben wir aus Hygienegründen entfernen müssen“, sagt Pastorin Dr. Alexa Wilke. Es wird aber zusätzlich wieder eine Videoandacht aufgenommen, die über die Homepage der Stadtkirchengemeinde abrufbar ist.
In der Woche darauf steigt dann auch die Michaelsgemeinde in Rotenburg wieder mit ein. „Wir veranstalten Gottesdienst in der Stadt im Wechsel und laut Plan ist diese Woche die Stadtkirche an der Reihe und nächste Woche wir“, sagt Pastor Christian Relius. Die Auferstehungsgemeinde in Rotenburg beginnt mit den Gottesdiensten voraussichtlich am Pfingstsonntag. Die Gemeinde Zum Guten Hirten wird auch noch etwas warten. „Die Bewohnerinnen und Bewohner der Rotenburger Werke leben in Wohngemeinschaften. Wenn einer infiziert ist, kann er viele andere anstecken. Dieses Risiko wollen wir vermeiden“, sagt Pastor Peter Handrich. Stattdessen werden für die jeweiligen Sonntage Videogottesdienste angeboten. Sie sind zu finden bei YouTube „Rotenburger Werke Gottesdienst“ und bei Facebook „Rotenburger Werke“.
Die Kirchengemeinden Lauenbrück, Fintel, Ahausen, Peter und Paul in Schneverdingen und Neuenkirchen kündigen an, bereits ab diesem Sonntag wieder regelmäßig Gottesdienste anbieten zu wollen, Beginn ist jeweils um 10 Uhr. Die Kirchengemeinde Horstedt beginnt mit ihrem ersten Gottesdienst am Sonntag, 17. Mai. In Scheeßel wird es zunächst noch keine Gottesdienste in der Kirche geben. Stattdessen gibt es weiterhin das Angebot eines „Gottesdienstes zeitgleich“, das sich Interessierte auf der Homepage herunterladen können.
Superintendent Blömer weist darauf hin, dass alle Besucherinnen und Besucher von Gottesdiensten einen Mundschutz tragen sollten. Wer Krankheitssymptome hat, den bittet er, zu Hause zu bleiben. „Die Kirchenvorstände sind sehr bemüht, gute Angebote zu entwickeln, die der Situation vor Ort angemessen sind“, sagt er. Immer im Vordergrund stehen müsse allerdings das Leben und die Gesundheit der Mitmenschen. „Im Vergleich zu vielen anderen, die große Einschränkungen und vor allem auch wirtschaftliche Einbußen hinnehmen mussten und müssen, konnten wir als Kirche mit dieser Zwangspause noch verhältnismäßig gut umgehen – zumal es ja auch viele alternative Angebote zu den Gottesdiensten in den Kirchengemeinden gab und gibt.“ Blömer empfiehlt einen Blick auf die Homepages der einzelnen Kirchengemeinden, auf denen die jeweiligen Angebote aktuell zu finden sind.
Text: Anette Meyer, Foto: Anette Meyer