Nach Ostern beginnt traditionell die Zeit der Konfirmationen. Auch im Kirchenkreis Rotenburg bekennen sich in den nächsten Wochen wieder viele Hundert Teenager zu ihrem christlichen Glauben. Diese Aufnahmezeremonie in die christliche Gemeinde hat sich seit ihrer Einführung im 16. Jahrhundert immer wieder stark gewandelt. So massive und zahlreiche Änderungen wie in den vergangenen zwei Jahren gab es so aber wahrscheinlich noch nicht. Die Corona-Pandemie hat schnelle und unkonventionelle Lösungen gefordert.
„Wir haben zu vielen neuen Formen gefunden“, sagt Volker Renke, Diakon aus der Kirchenregion Ahausen-Horstedt-Sottrum. Die Treffen sind bunter, kreativer und kürzer geworden und auch der abschließende Gottesdienst. Renke berichtet von Stationen-Konfirmationen, bei denen sich zwei Konfirmanden mit jeweils zehn Familienangehörigen zusammen durch sechs Stationen bewegen. Bei einem Stopp wird ein Fürbittengebet gesprochen, an einem anderen gibt es eine individuelle Minipredigt mit Bezug auf den jeweils persönlichen Konfirmandenspruch. An wieder anderen Stationen finden Musik und Gebet und schließlich die Einsegnung in der Kirche statt. Kleine Gruppen und viel Abstand – das waren hier die entscheidenden Faktoren.
Viele Inhalte der Konfirmandenarbeit lassen sich durch Kleingruppenarbeit oder per Online-Sitzung vermitteln. Sie haben ein Ziel: „Ich möchte eine Grundausrüstung mit auf den Weg geben, theologische Bruchstücke, mit denen die jungen Leute loslaufen und in ihrem Leben etwas machen können“, sagt Kai-Uwe Scholz, Pastor in Schneverdingen und Heber. Deshalb lässt er neben einer allgemeinen Wissensvermittlung einige wenige Elemente wie etwa Gebete und Sprüche ganz intensiv lernen. „Dieser Grundstock reicht aus für alle Lebenslagen“, sagt der frühere Journalist. Auch drei Lieder gehören dazu – ein uralter Klassiker aus dem 8. Jahrhundert in lateinischer Sprache, der von Gottes Liebe erzählt, ein deutschsprachiges Lied, das trösten kann, und eines aus Schottland, das vom Angenommensein handelt.
Inhaltliche Wissensvermittlung aber ist nur der eine Teil, den Konfirmandenarbeit heute ausmacht. Der andere Teil ist die Glaubensvermittlung. „Wir beobachten, dass bei immer mehr Jugendlichen, die zu uns kommen, der Glaube Zuhause nicht mehr praktiziert wird. Es fehlen ihnen die Vorbilder. Wir müssen erst das Verständnis für den Glauben wecken und dafür, was Glauben für das Leben bedeuten kann“, sagt Peter Klindworth, Pastor aus Rotenburg. Er hält deshalb Erlebnisse und Aktionen für wichtige Elemente der Konfirmandenarbeit. „Wir besinnen uns damit auf den Ursprung des Christentums. Damals wurde der Glaube verbreitet durch praktisches Tun, durch Begegnung und Feste.“ Dabei ist der Theologe immer wieder fasziniert, wie offen die Jugendlichen für den Glauben sind.
Dieser erlebnisorientierte Teil der Konfirmandenarbeit war in Zeiten der Kontaktbeschränkung besonders schwer umzusetzen. Trotzdem gab es viele Bemühungen in den Kirchengemeinden, Begegnungen zu ermöglichen. „Die Konfirmandinnen und Konfirmanden waren total dankbar für alles, was wir ihnen angeboten haben“, sagt Jörg Pahling, Diakon in der Kirchenregion Brockel-Kirchwalsede-Visselhövede. In Horstedt war beispielsweise die Bereitschaft für Gemeindepraktika so hoch wie nie. Bei diesem Element der Konfirmandenarbeit lernen die Jugendlichen die Gemeinde kennen, indem sie Gottesdienste mitgestalten oder sich an der Ausrichtung von Veranstaltungen wie etwa dem Martins-Umzug beteiligen. „Es haben sich in den vergangenen zwei Jahren immer viel mehr Interessierte gemeldet als nötig waren. Das gab es vor Corona so nicht“, sagt Pastorin Haike Gleede aus Horstedt.
Sehr bedauerlich finden alle Verantwortlichen für die Konfirmandenarbeit, dass die letzten zwei Jahrgänge wenig Begegnung mit Teamerinnen und Teamern gehabt haben. Das sind junge Leute, die nach ihrer Konfirmation eine Jugendgruppenleiterausbildung absolvieren und sich im Konfirmandenunterricht engagieren. Ihre wichtigste Aufgabe ist die Begleitung der Gruppen auf Freizeiten. Dort übernehmen sie Teile des Programms und sind ansprechbar für die Teilnehmenden. „Teamer erzählen anders von ihrem Glauben. Sie sind näher dran an den Konfirmandinnen und Konfirmanden“, sagt Diakon Renke. Dadurch dass es fast keine Freizeiten gab, ist es zu einem gewissen Traditionsabbruch bei der Nachwuchsgewinnung für die Teamerarbeit gekommen.
Ob und wie sich neue Teamerinnen und Teamer aus den Reihen der frisch Konfirmierten gewinnen lassen, ob und wie Begegnungen, Aktionen und Inhaltsvermittlung in Zukunft stattfinden werden, muss sich zeigen. Die Verantwortlichen für die Konfirmandenarbeit im Kirchenkreis Rotenburg sind zuversichtlich und nehmen die Erfahrungen aus zwei Jahren coronabedingter Vielfalt mit in die Planungen hinein.