Nachdenken über neue Gottesdiensformen

Nachricht Rotenburg, 10. September 2024

Dem heiligen Geist etwas zutrauen

neue gottesdienstformen
Die Pastoren Michael Held (links) und Andreas Hülsemann demonstrieren ganz praktisch, wie man moderne Musik mit kirchlichen Texten verweben kann.

Viele kreative Ansätze, den Gottesdienst moderner zu gestalten, gibt es bereits im evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Rotenburg. „Die Menschen brauchen einen Bezug zu ihrem persönlichen Leben“, sagt Pastor Michael Held. Er ist Referent für Gottesdienst und Kirchenmusik im Michaeliskloster Hildesheim. Zusammen mit seinem Team-Kollegen Andreas Hülsemann hat er im Gemeindehaus in Fintel auf einer gemeinsamen Konferenz von Haupt- und Ehrenamtlichen aus allen 17 Kirchengemeinden des Kirchenkreises Rotenburg einen Workshop zum Thema „Neue Gottesdienstformate“ geleitet.

Neben Pastoren waren zahlreiche Lektoren und Prädikanten vertreten. Das sind ehrenamtlich Aktive, die sich jeweils haben ausbilden lassen, um selbst Gottesdienste zu leiten und Predigten halten zu können. Sie alle waren sich einig, dass der klassische 10-Uhr-Gottesdienst längst nicht mehr alle Christen erreicht. „Jede und jeder soll sich im Gottesdienst abgeholt fühlen. Aber längst nicht mehr alle spricht ein und das selbe Angebot an“, sagt Held.

Für ihn und den Co-Referenten Hülsemann ist klar, dass die Musik ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt ist, um unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen. Mit vielen praktischen Beispielen verdeutlichten sie an dem Abend, was möglich ist, um die klassischen Gottesdienstelemente wie Ansprache, Psalm und Lieder miteinander zu verweben, um damit eine Atmosphäre zu schaffen, die auf eine andere Art berühren kann, als es die klassische Form tut. Die Referenten betonen die Chancen, die hier gerade im Feld der Popularmusik liegen. Pop, Jazz, Rock, Gospel, aber auch Schlager und Folk seien möglich und lösten bei der entsprechenden Zielgruppe emotionale Anteilnahme und gemeinsames Empfinden aus.

Das funktioniere aber niemals für alle gleich. Und auch der klassische Gottesdienst spräche nach wie vor Menschen an und hätte natürlich seinen Platz. Denn die Jahrhunderte alten liturgischen Traditionen schafften ebenfalls Vertrautheit und Gemeinschaftsgefühl. Doch die Gesellschaft sei vielfältiger geworden und damit auch ihr Anspruch an einen Gottesdienst.

Damit liege es natürlich ebenfalls auf der Hand, dass nicht eine Person alle Zielgruppen bedienen könne. „Arbeit an anderen Gottesdienstformen ist Teamarbeit“, sagt Held, der selbst schon viele Formen ausprobiert hat. Er ermuntert dazu, sich in der Gemeinde umzuschauen, wo es Menschen mit unterschiedlichen Begabungen gibt, die Lust haben, sich an der Gestaltung neuer Gottesdienstformen zu beteiligen – sei es, weil sie Popmusik spielen, oder weil sie sich mit Lichttechnik auskennen, oder weil sie gut dekorieren können. „Man muss dem Heiligen Geist auch mal was zutrauen“, sagt Held, der sich sicher ist, dass etwas Gutes dabei herauskommt, wenn mehrere Menschen sich auf ein neues Projekt einlassen.

Superintendent Michael Blömer, der die beiden Referenten in den Kirchenkreis Rotenburg eingeladen hatte, freute sich über das große Interesse am Workshop und über die vielen kreativen Ideen, die dort vorgestellt und teilweise auch von den Teilnehmenden weiterentwickelt wurden. Ihm und allen Beteiligten war aber auch klar, dass es kein Angebot schaffen wird, die Kirchenbänke wieder prall zu füllen. Denn: „Viele Menschen können heute mit dem Glauben nichts mehr anfangen“, sagt der Superintendent. Doch viele werden sich freuen, wenn die Gottesdienst-Angebote noch vielfältiger und moderner werden.