Kirche für Demokratie

Für Menschenrechte und Vielfalt

Christ:innen aus dem Kirchenkreis Rotenburg zeigen Haltung gegen Ausgrenzung und Rechtsextremismus

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Am 10. Januar 2024 machte das Recherchenetzwerk Correctiv ein Geheimtreffen in Potsdam öffentlich. Dort waren hochrangige AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarke Unternehmer im November 2023 zusammengekommen, um die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland zu planen. Sie sprachen davon, die „Ansiedlung von Ausländern rückabzuwickeln“ und nannten das „Remigration“.

Als Reaktion auf die Correctiv-Veröffentlichung kam es in vielen deutschen Städten zu Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie. Zwischen dem 19. und 21. Januar 2024 gingen in ganz Deutschland allein mehr als 1,4 Millionen Menschen auf die Straße. In Rotenburg beteiligten sich 1.000 Menschen.

Auch Christinnen und Christen im Kirchenkreis Rotenburg stehen für eine klare Haltung für die Demokratie, das Grundgesetz und die Menschenrechte und gegen Rechtsextremismus und Ausgrenzung.

KKK
Hauptamtlich Aktive im Kirchenkreis Rotenburg treten ein für Demokratie, Menschenrechte und Vielfalt.
anja bohling quer

„Jeder Mensch soll sich in dem Land, in dem er/sie lebt bzw. Zuflucht gefunden hat, sicher und aufgehoben fühlen!“

Anja Bohling, Diakonin Ahausen-Horstedt-Sottrum

hermann detjen

„Ich bin dafür, dass Menschen gut behandelt werden – egal, wo sie herkommen, und wie sie aussehen. Dafür haben wir in unserem Land Gesetze, die das halbwegs regeln.

Die AFD – in weiten Teilen nachgewiesen rechtsextrem – will das so nicht: Sie grenzt willkürlich und radikal Menschen aus.

Und zerstört damit friedliches Zusammenleben, den Weg dorthin und am Ende unsere Demokratie.“

Hermann Detjen, Pastor in Kirchwalsede

„Die Kirche ist oftmals politisch zu leise, weil sie niemandem wehtun will. Aber jetzt muss sie signalisieren, dass eine Grenze überschritten ist. Das alles steht im Widerspruch zu unseren christlichen Vorstellungen.“

Hilmer Drögemüller, Vorsitzender des Kirchengemeindeverbands Rotenburg

„Mit meiner Familie habe ich über 10 Jahre im Swasiland /südliches Afrika gelebt. Als Ausländer haben wir dort trotz der Apartheitsgeschichte Südafrikas überwiegend viel Gastfreundschaft erfahren dürfen, so dass wir uns gut einleben und mit unserer Arbeit vielen helfen konnten.

Zum Leben in einer globalen Welt stellt die kulturelle Vielfalt eine Herausforderung dar, doch zugleich liegt in ihr eine große Bereicherung. Es ist ein großer Irrtum zu glauben, dass durch Ausgrenzung oder sogar Ausweisung der „Ausländer“ unsere gesellschaftlichen Probleme auch nur ansatzweise gelöst werden können. Frieden fängt im respektvollen Miteinander an. Anstatt dass alle so wie ich sein sollen, sollten wir uns einander gerade an der breiten Vielfalt freuen und daran arbeiten, sie bestmöglich zum Wohle aller zu nutzen.
Dies gilt auch für all die Menschen unter uns, die aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, Religion, Kultur, Geschlechts, geistigen Zustands, Gesundheit oder anderer Merkmale ausgegrenzt werden.

Übrigens: jeder ist Ausländer, fast überall auf der Welt. Helfen wir einander, dass sich jeder auch dort zuhause fühlt, wo er leben will.“

Heike Mühlbacher, Pastorin in Fintel

walter merz

„In meinem Leben an ganz unterschiedlichen Orten bin ich immer wieder Menschen aus anderen Kulturkreisen begegnet. Ich habe das als große Bereicherung erlebt und dadurch sehr nette Menschen kennengelernt – vor allem auch gespürt, wie dankbar ich sein kann, dass ich in einem Land lebe, in dem ich sagen kann, was ich denke, vor schlimmer Not verschont geblieben bin und im Frieden aufgewachsen bin. Dass unter uns offensichtlich Menschen mit einem doch eingeschränkten Denkfeld leben, so dass man sie glauben machen kann, dass unsere Probleme gelöst wären, wenn man Menschen, deren Wurzeln in einer anderen Kultur liegen, zwingt, unser Land zu verlassen, treibt mir die Schamröte ins Gesicht.“

Walter Merz, Pastor in Rotenburg

angela hesse

„Ich bin Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes. Wir stehen ein für eine solidarische Gesellschaft der Vielfalt und sozialer Gerechtigkeit. Diese schließt alle Menschen ein, egal welcher Herkunft, Religion oder geschlechtlichen Identität.

Ich habe in Indien gelebt, hatte Mitbewohner:innen aus vielen Ländern und war binational verheiratet. Mein Sohn wurde multikulturell erzogen, hat in China und England studiert und arbeitet in den USA. Unser Freundeskreis ist divers, vielfältig mit Menschen vieler Kulturen. Ich empfinde mein Leben dadurch als absolut bereichernd. Immer wieder über den Tellerrand zu gucken und neue Perspektiven einzunehmen, bringt mich persönlich weiter – und auch unser Land.“

Angela Hesse, Geschäftsführerin des Diakonischen Werks im Kirchenkreis Rotenburg

johanna schröder

„Verschiedenheit und Vielfalt macht mich neugierig. Ich habe fünf Jahre in Sprachlernklassen einer Berufsschule als Berufsschulpastorin gearbeitet mit dem Schwerpunkt von Bildung im kulturellen und religiösen Bereich.

Ich weiß um viele Schwierigkeiten bei der Integration und Inklusion von Menschen mit Migrationshintergrund. Aber genauso habe ich die Vielfalt und vor allem viele spannende Menschen als Bereicherung kennen- und schätzen gelernt. Die Welt ist bunt mit vielen Farbabstufungen, das ist die Realität und wir brauchen unsere Energie und viele Ideen, um das Miteinander zu gestalten. Die Kostbarkeit unserer offenen Demokratie ist mir sehr deutlich geworden, sie ermöglicht mir Religionsfreiheit und Gedankenfreiheit. So freue ich mich in einem liberalen Rechtsstaat zu leben und ich möchte mich darin und dafür engagieren.“

Johanna Schröder, Pastorin in Scheeßel

anja glock

„Meine Name ist Anja Glock. Aktuell bin ich Kirchenvorsteherin der Stadtkirchengemeinde in Rotenburg. Abgesehen davon, dass ich seit vielen Jahren ehrenamtlich in der Gemeinde aktiv bin, habe ich schon als Kind gelernt, wie wichtig christliche Werte für mich im Leben sind.

In der Bibel wird überall deutlich, dass alle Menschen vor Gott gleich sind. Wie Jesus mit allen Menschen Nächstenliebe lebt und uns liebt egal, welchen Weg wir einschlagen, woher wir kommen und was unsere Lebensumstände sind, so haben auch wir die Aufgabe auf dieser Erde, aufzustehen gegen Ungerechtigkeit und gegen Rassismus, aufzustehen für Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Demut füreinander und voreinander.

Früh habe ich das gelernt und fest in meinem Herzen verankert.

Meine Großeltern und Urgroßeltern haben sich schon vor über 80 Jahren im Untergrund als „bekennende Kirche“ aufgelehnt gegen den Faschismus und die „deutschen Christen“ , die mit den faschistischen Bewegungen konform waren. Mit ihrem Leitsatz, GOTT mehr zu gehorchen, als dem Menschen, waren sie gemeinsam stark.

Vor 35 Jahren spielte die Kirche als Symbol des Friedens eine riesengroße Rolle als Basis für die friedlichen Demonstrationen in der damaligen DDR als Schrei nach Freiheit und als Aufruf der Menschen für eine selbstbestimmte und freie Zukunft. Unzählige Menschen haben so die Wende bewirkt. Als 16-jähriges Mädchen war ich mittendrin und habe für diese freie Zukunft mit tausenden von Menschen gemeinsam demonstriert. Seitdem haben wir gemeinsam so viel bewirkt.

Ich bin erschüttert darüber, dass ich erneut für etwas kämpfen muss, für das ich vor 35 Jahren schon einmal auf die Straße gegangen bin, für Freiheit, Respekt und Frieden.

All das soll jetzt wieder weggewischt und zunichte gemacht werden von einer rechtsradikalen Bewegung, die beängstigend ist. Deshalb ist es für mich selbstverständlich, als Mensch und Christin auf die Straße zu gehen. Ich will auf jeden Fall und friedlich verhindern, dass wir vergessen, was der Faschismus vor 80 Jahren mit unserer Welt angerichtet hat. Wir müssen die Augen und das Herz offen halten für alle Menschen auf dieser Erde und gegen Gruppierungen, die uns einzureden versuchen, dass Menschen angeblich nicht in dieses Land gehören oder weniger wert sind. Wer gibt diesen Menschen das Recht, über uns und unseren Wert zu entscheiden? Woher nehmen sie ihre Überheblichkeit, sich als besser als GOTT aufzuspielen?

Das kann ich nicht hinnehmen und akzeptieren und deshalb stehe auch ich als Christin auf mit den Worten: „nie wieder ist jetzt“ und „Christ*innen gegen Rechtsextremismus“. Nur gemeinsam können wir stark sein und etwas bewirken.“

Anja Glock, Kirchenvorsteherin Stadtkirchengemeinde Rotenburg

"Deutschland ist für mich ein liberales Land in dem sich jeder sicher fühlen darf. Darauf bin ich stolz und daran hat sich auch in den letzten Jahren nichts geändert. Ich finde es beschämend, wenn nun Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft Angst um ihr Leben bekommen, weil sie Beschimpfungen, Drohungen und Hass ausgesetzt sind. Jeder Mensch ist eine wunderbare Idee Gottes. (Psalm 139,14 oder 1. Mose 1, 27). Rassismus ist für mich eine übelste Form der Menschen- und Gottverachtung und darf in unserem Land nicht mehrheitsfähig werden."

Werner Burfeind, Diakon in Ahausen-Horstedt-Sottrum

"Ich bin dankbar, dass ich in einem Land lebe, in dem Frieden und Freiheit herrschen, in dem ich mich weitestgehend sicher bewegen und meine Meinung äußern kann. Der Zuwachs fremdenfeindlicher Äußerungen und auch des Antisemitismusses gefährdet unser Miteinander. Wenn ich weiterhin in einer friedlichen und freien Welt leben will, dann muss ich meinen Beitrag dazu leisten, indem ich Hass und Vorurteilen entgegentrete und radikalen Kräften und Gedanken keinen Raum gebe."

Michael Blömer, Superintendent des Kirchenkreises Rotenburg

"Wir sind Kinder Gottes – das sind wir grenzenlos, denn Gott kennt keine von Menschen gemachten Grenzen. Jesus war kein Clanoberhaupt oder Wächter nationaler Blutsbande. Jesus war Verfolgter und Justizopfer; er lebte eine freie und freiwillige geschwisterliche Haltung. Diese Haltung möchte ich weitertragen und bewahren.

Ich bin dankbar dafür, dass unser Grundgesetz seit 75 Jahren Bestand hat. Ich bin als Christin stolz darauf zu sehen, wieviel karitativ-diakonische Ideen in unsere Sozialgesetzgebung eingeflossen sind, bis hin zum Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung.

Wir sind Kinder Gottes – diese Haltung kann ich in unserer Demokratie leben. Diese Haltung möchte ich schützen."

Amely Lißner, Pastorin, Stabsstelle für Theologie und Religionspädagogik am Ev.-luth. Diakonissen-Mutterhaus Rotenburg